Doping am Arbeitsplatz: Zwei Millionen tun es

Berlin (dpa) – Gegen Stress und Konflikte am Arbeitsplatz greifen Millionen gesunde Bundesbürger zu Pillen – rund 800 000 sogar regelmäßig. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Angestellten Krankenkassen DAK hervor.

Knapp 20 Prozent akzeptieren demzufolge Stimmungsaufheller grundsätzlich gegen Probleme, für mehr Leistung und bessere Laune im Job. «Das ist ein Alarmsignal», sagte DAK-Chef Herbert Rebscher am Donnerstag (12.2.) in Berlin.

Rund zwei Millionen gesunde Arbeitnehmer in Deutschland wollten trotz hohen Suchtrisikos schon einmal ihre Leistung oder Laune mit Medikamenten steigern. Die Pillen kämen vielfach von Kollegen, Freunden oder aus dem Versandhandel. Rebscher warnte vor Nebenwirkungen und einem hohen Suchtpotenzial: «Der Wunsch, immer perfekt sein zu müssen, lässt sich auch durch Medikamente nicht erfüllen.»

Männer greifen laut der Umfrage eher zu aufputschenden oder konzentrationsfördernden Mitteln, Frauen zu Arzneimitteln gegen Verstimmungen und Ängste. «Männer frisieren ihr Leistungspotenzial, Frauen polieren ihre Stimmungen auf», so der Kassenchef.

Die DAK warnte auch vor Medikamentenmissbrauch auf Wunsch von Versicherten unter Mithilfe der Ärzte. Bestimmte Mittel etwa gegen Demenz, das «Zappelphilipp-Syndrom» ADHS oder Depressionen verordneten Mediziner vielfach ohne die entsprechende Diagnose. So hätten gut 97 Prozent der Nutzer des Anti-Demenz-Wirkstoffs Piracetam das Mittel bekommen, obwohl bei ihnen diese Diagnose gar nicht gestellt wurde. Beschäftigte erhielten wohl viele Psycho- und Neuro- Pharmaka, weil sie damit mehr leisten oder unanfälliger gegen Stress werden wollen.

Der Krankenstand stieg unterdessen um 0,1 Prozentpunkte auf 3,3 Prozent im vergangenen Jahr. Ein DAK-Versicherter fehlte im Schnitt 11,9 Tage. Alarmierend sei der Anstieg der psychischen Krankheiten im Vergleich zum Vorjahr um 7,9 Prozent.

Die DAK hatte zum Thema «Doping im Job» 3000 Arbeitnehmer repräsentativ befragen lassen, zu den Mitteln ohne zutreffende Diagnose eigene Verordnungsdaten analysiert und zum Krankenstand die Krankschreibungen von 2,5 Millionen Mitgliedern auswerten lassen.