Mathe mit Mausklick: Stille Revolution in der Klasse

Würselen (dpa) – Chatten, Surfen und Spiele – da macht den Schülern der 5e niemand etwas vor. Aber Mathe am Computer, da müssen die Kids seufzen. Bis auf Maja. Schnell hat sie ihre Aufgaben gelöst und Gerade, Strecke, Strahl per Maus-Click auf den Bildschirm gebracht.

«Das ist viel spannender als auf Papier», sagt sie. Es ist so etwas wie eine stille Revolution, die sich im Würselener Gymnasium bei Aachen vollzieht: Schüler sitzen vor aufgeklappten Laptops. Die Normalität aus dem Alltag ist im Klassenzimmer angekommen.

Die Stadt Würselen hat ihre Schulen – auch die Grundschulen – mit Laptops ausgestattet, die über ein lokales drahtloses Netzwerk (WLan) betrieben werden. Wenn ein Lehrer Unterricht mit Laptop macht, bekommt jeder Schüler ein Gerät, das aber nach dem Unterricht in der Schule bleibt. Und dann gibt es noch Klassen wie die 5e, in denen die Schüler über dem eigenen, privaten Computer brüten. Ihre Eltern kaufen das Gerät über einen Leasing-Vertrag. Die Eltern entscheiden, ob ihre Kinder einen eigenen Computer bekommen oder ob sie die Schulgeräte nutzen.

«Als ich gehört habe, welcher Betrag das monatlich ist, da haben wir schon überlegt, ob wir das wollen und auch können», bekennt Anne Vockrodt-Niessen. 1200 Euro kostet ein Gerät mit Software und Wartung. Das macht knapp 30 Euro im Monat, vier Jahre lang. Für die fünfköpfige Familie keine Kleinigkeit. Aber nach der Elternversammlung haben sie nicht mehr lange überlegt. Sohn Paul bekam seinen Computer. «Wir haben das als Chance gesehen, dass er lernt, mit den Medien umzugehen», sagt die Mutter.

Genau das will auch die Stadt. Der Umgang mit der Technik soll selbstverständlicher werden. «Die Schüler haben beim Start ins Studium oder ins Berufsleben bessere Chancen», sagt der erste Beigeordnete Werner Birmanns.

Volker Richterich nutzt in der 5e dann doch mal die altehrwürdige Tafel, um schnell was zu skizzieren. Er gehört zu den ersten Lehrern, die guten Mutes in den neuen Unterricht gingen. Dagegen schreckten die meisten Kollegen zurück, als die Laptops vor ein paar Monaten kamen. Mehr als die Hälfte der Lehrerschaft wollte bei Tafel, Stift und Papier bleiben. «Die Lehrer hatten Angst, dass sie nicht gut genug sind und dass die Schüler ihnen etwas vormachen», sagt Schulleiter Günther Sonnen. Inzwischen hat sich das gelegt. «Bei der nächsten Fortbildung sind fast alle Lehrer dabei», freut er sich.

Er gerät ein wenig ins Schwärmen, wenn er von den Möglichkeiten spricht, die die Technik eröffnet: Schneller Blick ins Internet statt teure Farbkopien, gemeinsame Arbeit an einem Text, gegenseitige Korrektur von Schülern. «Da gibt es jede Menge Interaktionsmöglichkeiten.» An der Schulbank heimlich Surfen gibt es übrigens nicht. Die Arbeitsebene der Schüler lässt nur den Zugriff auf Seiten zu, die der Lehrer freigibt. Außerdem kann der auf seinem Bildschirm die Arbeitsschritte der Schüler beobachten.

Natürlich hatte es Befürchtungen einer Zwei-Klassen-Schule gegeben: Hier die Kinder mit einem Schulcomputer, da die mit einem privaten Gerät. So drastisch kam es nicht. Doch der Schulleiter hat feine Antennen. «Da ist nicht nichts. Da gibt es eine leichte soziale Streuung, aber die ist unauffällig.» Eine Stiftung hilft Eltern, die nachweislich wenig Geld haben. Das hat bisher nur eine Familie in Anspruch genommen. Die Schule mit rund 1000 Schülern rechnet auch für diesen Sommer wieder mit drei «Laptop-Klassen» für Eingangsschüler.