Mit Umweg übers Ausland zu einem Job zu Hause

Mit einer Malerrolle trägt Markus Ortgies hellgraue Farbe auf eine Wand in einem Keller in Groß-Zimmern (Kreis Darmstadt-Dieburg) auf.

Er macht das geschickt. Der 30-Jährige ist ein ausgebildeter Maler, jedoch seit längerem arbeitslos. Seit einem mehrwöchigen Praktikum auf der griechischen Insel Kreta, vermittelt durch die Kreisagentur für Beschäftigung Darmstadt-Dieburg, hat er neue Zuversicht, beruflich wieder Fuß zu fassen. Als habe er störende alte Farbschichten abgetragen, sehe er nun klarer, woran er bei sich arbeiten müsse, berichtet Ortgies.

Die Kreisagentur für Beschäftigung verlängerte das ursprünglich bis Juni terminierte Programm Integration durch Austausch (IDA), mit dessen Hilfe Markus Ortgies nach Kreta kam, nun bis Ende des Jahres. Praktika für junge Arbeitslose mit körperlichen Beeinträchtigungen werden sogar bis 2014 vermittelt.

Projektleiterin Daniela Lange spricht von einem Erfolg: Statistiken belegten, dass 36 Prozent der Teilnehmer nach dem Praktikum ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis beginnen, berichtet sie. 20 Prozent der Teilnehmer besuchten im Anschluss eine Schule, 13 Prozent ergatterten immerhin einen Minijob. Damit ist ‘IDA’ eines der erfolgreichsten Programme zur Wiedereingliederung junger Arbeitsloser, die seit langem einen Job suchen, sagt Lange.

Seit Beginn des Förderprogramms, das Bund, EU und Landkreis finanzieren, im Mai 2009 vermittelte das kreiseigene Jobcenter etwa 80 Jugendliche und junge Erwachsene aus Südhessen in Auslandspraktika, wie Lange berichtet. Projektpartner aus den Bereichen Holzbau, Garten- und Landschaftsbau und Verwaltung sitzen etwa in Italien, Griechenland und Österreich.

Es geht auch um das Ablegen von Ängsten

Die Praktikanten bildeten sich dort nicht nur fachlich weiter, sondern verbesserten – auch zur Freude der Unternehmer und potenziellen Arbeitgeber in der Region – ihre soziale Kompetenz und Fremdsprachenkenntnisse, sagt Lange: Die Leute müssen auch etwas Mut aufbringen, wenn sie sich für mehrere Wochen an so einem Abenteuer beteiligen. Daran kann man wachsen und Ängste überwinden.

Markus Ortgies sagt über sich und seine lange Arbeitslosenzeit: Mir war lange nicht klar, was mein Problem war. Im vergangenen Herbst auf Kreta habe er herausgefunden, dass seine fachliche Kompetenz in Ordnung sei, nur seine psychische Belastbarkeit sei wenig ausgeprägt. Er gerät leicht in Stress, wenn die beruflichen Anforderungen zu groß werden. Weil sich dann auch gesundheitliche Probleme einstellen, hat der ausgebildete Maler aus Groß-Umstadt auch ein Problem einen Job zu finden.

Während seines Praktikums auf Kreta seien ihm die Maler- und Restaurationsarbeiten an Möbeln leicht gefallen, berichtet Ortgies. Auch habe er Zuspruch von anderen Teilnehmern erhalten. Ein tolles Erlebnis, das spornt mich an, sagt der Maler aus Groß-Umstadt. Er schreibe schon eifrig Bewerbungen.

Und er habe sich entschieden, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen, sagt Markus Ortgies: Ich denke auch über eine Therapie nach. Die Arbeit in einem anderen Land, in einem anderen Umfeld als seinem gewohnten habe ihm viel gebracht: Ohne diese Erfahrung würde ich mich vielleicht immer noch im Kreis drehen.