Vom Gericht in den Hörsaal: Studienplatz einklagen

Berlin (dpa/tmn) – Die Studienplätze in Fächern wie Medizin sind begehrt – jedes Jahr gehen etliche Anwärter bei der Vergabe leer aus. Abgelehnte Bewerber müssen ihre Studienpläne aber nicht gleich begraben.

«Jeder, der keinen Studienplatz bekommt oder davon ausgeht, keinen zu bekommen, kann klagen», sagt der Rechtsanwalt Marian Lamprecht aus Berlin. Denn das Bundesverfassungsgericht hat vor mehr als 30 Jahren entschieden, dass ein Numerus clausus nicht willkürlich sein darf, sondern sich nach den Kapazitäten der Hochschule richten muss (Az.: 1 BvL 32/70 und 25/71).

In ihrer Studienplatz-Klage sollten Bewerber der Universität vorwerfen, ihre Kapazitäten nicht vollständig ausgeschöpft zu haben, rät Lamprecht. Die Universität müsse das widerlegen. Dabei sollte nicht erst der ablehnende Bescheid abgewartet werden. Die ersten Fristen seien dann meist schon abgelaufen. Das Verfahren erfolge ohnehin eigenständig. «Man muss sich bei den meisten Hochschulen nicht einmal vorher beworben haben.»

Wer gegen einen ablehnenden Bescheid vorgehen will, sollte sich zunächst die Rechtsbehelfs-Belehrung durchlesen, rät die Anwältin Cathrin Strempel, die Rechtsberatungen beim Allgemeinen Studierenden-Ausschuss der Universität Kiel anbietet. Die Belehrung besage, dass Bewerber innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids gegen ihn Widerspruch einlegen können.

Generell sei eine Studienplatzklage für jeden Studiengang möglich, sagt Lamprecht. Am schwersten sei es in Medizin. «Auch wenn jemand sagt, ich will unbedingt in Würzburg studieren, dann bringt es nichts.» Angehende Studenten müssten schon flexibel sein und am besten mehrere Hochschulen verklagen.

Grundsätzlich gilt: Je kleiner die Hochschule und je kleiner der Studiengang ist, desto erfolgversprechender sei eine Klage, sagt Lamprecht. An kleineren Hochschulen werde eine Kapazitätsbewertung nämlich nur selten durchgeführt. Außerdem versuchten kleinere Hochschulen die Kosten eines Verfahrens zu umgehen und einigten sich meist mit dem Kläger. Bei Medizin gebe es hingegen Hunderte von Klägern – und die kann eine Hochschule nicht alle aufnehmen.

Gibt das Verwaltungsgericht dem Kläger recht, ordne es zugleich ein von der Universität durchzuführendes Vergabeverfahren an, erläutert der Rechtsanwalt Robert Brehm aus Frankfurt. In der Regel gebe es dann ein Losverfahren. Daran werden alle Kläger beteiligt. Ausnahmen vom Losverfahren gebe es bei den Universitäten Mainz, Hamburg und in Schleswig-Holstein. Hier entscheiden die zuständigen Gerichte in erster Linie nach einem «Zulassungsnähewert». Dabei gelte die Regel: Je näher der Abiturient am Grenzrang stehe, umso größer ist seine Chance, wenn das Gericht freie Studienplätze ausmacht.

Generell bestehe bei Kapazitätsklagen allerdings das Risiko, dass Anwärter trotz gerichtlicher Feststellung freier Kapazitäten wegen der Bewerberkonkurrenz nicht ausgewählt werden, so Brehm. Zudem bestehe das Risiko, den Platz durch eine Entscheidung einer höheren Gerichtsinstanz wieder zu verlieren, warnt Brehm. Kläger brauchen außerdem Geduld: Die «Eilverfahren» könnten bis zu einem Jahr dauern. Das erste Semester geht Bewerbern also auf jeden Fall verloren.