Was lernen? Immer mehr Ausbildungsberufe angeboten

Hannover (dpa/tmn) – Das Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten wird in Deutschland immer breiter und damit auch unübersichtlicher. Allein die Zahl der offiziellen Ausbildungsberufe beträgt inzwischen 348.

Im Zeitraum von 1996 bis 2007 sind 79 neue Berufe hinzugekommen, sagte Rainer Brötz vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) bei der Bildungsmesse Didacta (10.-14. Februar) in Hannover. Eine Vielzahl von Ausbildungsberufen wurde parallel dazu «modernisiert». Schulen, aber auch Kammern und Betriebe stelle dieses breite Angebot häufig vor Probleme. Schon die Organisation des Unterrichtes für jeden einzelnen Beruf sei unter Umständen schwierig, erklärte Brötz.

Kritik sei an der Vielzahl von Ausbildungsberufen aber auch deshalb laut geworden, weil sich bei einigen kleineren die Frage nach den Beschäftigungschancen stelle. So hat es beispielsweise in einigen der neuen kaufmännischen Dienstleistungsberufe nur vergleichsweise wenige Ausbildungsverträge gegeben: Bein Kaufmann für Tourismus und Freizeit beispielsweise waren es 2008 nur 552. Bei anderen, noch jüngeren Berufen lag die Zahl im zweistelligen Bereich. Zum Teil handele es sich um «Splitterberufe» in einer Arbeitsmarkt-Nische.

Eine Alternative dazu könnte nach Ansicht des Diplom-Soziologen das Bilden von Berufsgruppen sein. Am Beispiel der kaufmännischen Berufe will das BIBB im Rahmen eines Forschungsprojektes ermitteln, wie die Grundlagen dafür aussehen könnten. Ausbildungsberufe mit kaufmännischen Inhalten gebe es schließlich nicht nur in solchen Berufen, die den «Kaufmann» bereits im Namen tragen. Die entscheidende Frage werde daher sein, wie sich «Berufsfamilien» zusammenstellen lassen. Die betreffende Branche könne ein wichtiger Gesichtspunkt dafür sein, aber zum Beispiel auch die Arbeitsmittel.

In der Finanzdienstleistungsbranche zum Beispiel gibt es neben dem Bankkaufmann auch den Investmentfondskaufmann, den Immobilienkaufmann und seit 2007 den Kaufmann für Versicherungen und Finanzen – bislang sind das jeweils getrennte Ausbildungsberufe. Eine Überlegung könnte sein, die Kernkompetenzen aller vier Berufe zu identifizieren und in einem gemeinsamen Ausbildungskonzept zu bündeln, sagte Brötz. Ein Vorteil davon wäre, dass ausgebildete Fachkräfte schneller von einem Bereich in den anderen wechseln können. Außerdem wäre es möglich, die Azubis über weite Strecken gemeinsam zu unterrichten. Und mehrere Berufe könnten dann schneller modernisiert werden.

Andererseits hätten die einzelnen Branchen weniger Möglichkeiten zur Mitgestaltung der Ausbildungsverordnungen. Unterschiedliche Interessen seien unter Umständen nur schwer unter einen Hut zu bringen. Und die Ausbildung wäre weniger fachspezifisch. Bis der Ausbildungsmarkt neu geordnet und nach Berufsgruppen sortiert wird, dürfte vor diesem Hintergrund deshalb noch einige Zeit vergehen.