Einheitsschule oder eine Schule für alle

Die Parteien im Mainzer Landtag streiten über die Zukunft des Gymnasiums in der rheinland-pfälzischen Schullandschaft.

CDU-Schulexpertin Bettina Dickes warnte am Donnerstag im Plenum vor einer Schwächung des Gymnasiums und einem Kurs von Rot-Grün in Richtung Einheitsschule. Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler wies das als Gespensterdebatte zurück: Es gebe keine Strukturdebatte, eine Einheitsschule habe er nie gefordert. Die rot-grüne Koalition wolle aber längeres gemeinsames Lernen dort ermöglichen, wo die Eltern das wollten.

Köbler hatte in einem Zeitungsinterview gesagt, die Grünen strebten mittelfristig eine Schule für alle an. Im Landtag präzisierte er nun, damit sei keineswegs eine Einheitsschule gemeint. Die Grünen wollten ein Bildungssystem, das allen Kindern an guten Schulen die gleichen Chancen biete, egal ob sie aus einem reichen Elternhaus oder aus einem Hartz IV-Haushalt kämen.

Durch längeres gemeinsames Lernen sei das möglich, deshalb wollten die Grünen das man überall dort umsetzen, wo die Eltern das wollten. Das habe ich gesagt, und dazu stehe ich, betonte Köbler. Wir sind davon überzeugt, dass längeres gemeinsames Lernen eine gute Chance ist, fügte er hinzu.

CDU: Jetzt ist die Katze aus dem Sack

Dickes sagte dagegen, Köbler habe mit seinem Interview die Katze aus dem Sack gelassen: Jetzt kommt die Gleichheit mit der Einheitsschule. Gleichheit sei aber nicht für alle Kinder das Beste.

Wer sechs Jahre gemeinsames Lernen propagiere, sorge dafür, dass begabte Kinder ihre Möglichkeiten nicht ausschöpfen könnten. Untersuchungen zufolge öffne sich die soziale Schere bei längeren gemeinsamen Lernen sogar noch weiter, argumentierte die CDU-Abgeordnete. Lassen Sie die Lehrer in Ruhe ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen, dem Unterricht, sagte Dickes. Die Schulen bräuchten keine weitere Strukturreform.

Ahnen: Es gibt keinen Dissens in der Koalition

Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) entgegnete, es gebe keine Forderung nach einer Einheitsschule, und einen Dissens innerhalb der Koalition schon gar nicht. Die rot-grüne Landesregierung wolle vielmehr die individuelle Förderung stärken und jeden Schüler je nach seiner Begabung fördern. Das bedeute die Förderung von Realschule plus, Integrierten Gesamtschulen und Gymnasien gleichermaßen. Wie die CDU daraus eine Schwächung oder Abschaffung der Gymnasien machen könne, sei ihr schleierhaft.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) plädierte unterdessen für ein längeres gemeinsames Lernen, warnte aber zugleich vor einer Abschaffung des Gymnasiums. Notwendig sei vielmehr ein zweigliedriges Schulsystem mit einer weiteren Schule neben dem Gymnasium, die mithilfe der Fachoberschule ebenfalls zur Hochschulreife führe, sagte der Landesvorsitzende des Lehrerverbandes, Johannes Müller.