Sachsens Hochschulen kämpfen mit Bewerberflut

Vor Beginn des Wintersemesters ächzen Sachsens Hochschulen unter einem Ansturm von Studienbewerbern.

Sowohl die Universität in Leipzig als auch die Technischen Universitäten in Dresden und Chemnitz stehen derzeit hoch im Kurs. Zu den Gründen zählen die Aussetzung der Wehrpflicht und die doppelten Abiturjahrgänge aus mehreren Bundesländern wegen der verkürzten Schulzeit. Die SPD im Landtag forderte die Landesregierung auf, den geplanten Stellenabbau an den Hochschulen zu stoppen.

Schon vor dem Ende der Bewerbungsfrist am Donnerstag verbuchte die TU Dresden einen Rekord. Insgesamt 44.000 Menschen haben sich an der Hochschule um einen Studienplatz für das Wintersemester 2011/2012 beworben – 11.000 mehr als vor einem Jahr. Wie viele Studienanfänger es im Oktober dann tatsächlich werden, lasse sich aber noch nicht prognostizieren, sagte ein TU-Sprecher der Nachrichtenagentur dapd. Viele Bewerber reichten ihre Unterlagen an mehreren Unis ein und suchten sich dann eine Hochschule aus.

Ein Blick in die Statistiken der TU zeigt, welche Faktoren für den starken Anstieg verantwortlich sind. Die Zahl der Bewerbungen aus Niedersachsen nahm im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent zu. Aus Bayern kamen in den vergangenen Wochen sogar 73 Prozent mehr Bewerbungen in Dresden an. In beiden Bundesländern wurde in diesem Jahr die Schulzeit von 13 auf zwölf Jahre verkürzt, wodurch es doppelte Abiturjahrgänge gab.

Aber auch die Aussetzung der Wehrpflicht scheint sich auf die Bewerberzahlen auszuwirken. Anstatt für neun Monate den Wehrdienst zu absolvieren, können junge Männer seit ein paar Monaten direkt im Anschluss an das Abitur zur Hochschule gehen. Folglich gibt es an der TU Dresden auch mehr männliche Bewerber als sonst. In den ohnehin männerlastigen Studiengängen wie Elektrotechnik, Mechatronik oder Informatik sei die Bewerberzahlen von Männern signifikant um fünf Prozent gestiegen, sagte der TU-Sprecher.

Auch in Chemnitz mehr Studenten

Einen ähnlichen Trend wie in der Landeshauptstadt gibt es auch in Chemnitz. An der Technischen Universität Chemnitz haben sich zum derzeitigen Zeitpunkt rund 25 Prozent mehr Studenten neu eingeschrieben als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr, sagte eine Uni-Sprecherin der dapd. In absoluten Zahlen seien dies fast 1.800 Immatrikulationen. Bis Mitte Oktober könnten es sogar noch mehr werden, denn erst dann gehe die Einschreibungsfrist zu Ende.

Die doppelten Abiturjahrgänge im Westen der Republik leisten auch in Chemnitz ihren Beitrag zur steigenden Zahl an Studienanfängern. Aus Bayern gibt es den Angaben zufolge mehr als doppelt so viele Erstsemester als 2010 und aus Niedersachsen fast 100 Prozent mehr. Probleme im Uni-Alltag soll es wegen der Vielzahl an neuen Studenten aber nicht geben: Wir werden ausreichend Betreuungsplätze anbieten, sagte die TU-Sprecherin.

Zuwächse aus allen westlichen Bundesländern in Leipzig

Eine Zunahme der Bewerberzahlen um ein Drittel auf mehr als 31.000 verzeichnet die Uni Leipzig. Fast die Hälfte davon, etwa 15.200 Bewerbungen, kommt aus den westlichen Bundesländern. Hinweise dafür, diese Entwicklung direkt auf die doppelten Abiturjahrgänge in Bayern und Niedersachsen zurückzuführen, ließen sich aber nicht erkennen, sagte Klaus Arnold vom Studentensekretariat der Uni. Nahezu in jedem westlichen Bundesland habe sich die Zahl der Bewerber im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.

SPD-Hochschulpolitiker Holger Mann sagte der Nachrichtenagentur dapd, angesichts der Zahlen wäre ein weiterer Stellenabbau an den Hochschulen unverantwortlich. Bereits jetzt seien Lehrstühle nicht besetzt. Mann forderte die Landesregierung zugleich auf, die vom Bund bereitgestellten Gelder künftig auch in voller Höhe den Hochschulen zukommen zu lassen.

Nach Plänen von Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer (parteilos) sollen bis 2015 an den Hochschulen 300 Stellen gestrichen werden. Weitere 1.000 sollen bis 2020 wegfallen.