Wo die Hacker zu den Guten gehören

Wolfram Klos dürfte mit seinen 56 Jahren einer der älteren Studenten in Deutschland sein. Der Unternehmer, der in seinem Beruf spezielle Computer-Software entwickelt, um Internet-Kriminellen auf die Spur zu kommen, hat gute Gründe für sein Studium an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen.

Denn dort gibt es den bislang einzigen Studiengang für Digitale Forensik (Lehre vom Sachbeweis im Strafverfahren) im deutschsprachigen Raum.

In einem Fernstudium der Hochschule lernen Studenten berufsbegleitend in sechs Semestern, wie sich Hacker und Datenhändler ihre Informationen im weitverzweigten Internet zusammenklauben. Ein wertvolles Wissen, wie auch Wolfram Klos sagt: Um weitere Programme zu entwickeln, will ich bei diesem Studium meine Kenntnisse weiter ausbauen, mehr über die verschiedenen Technologien und die juristische Aspekte lernen, sagt der Mann, der beispielsweise auch Landeskriminalämter mit seiner Software ausstattet.

Unternehmen und Behörden lassen Spezialisten ausbilden

Damit bewegt sich der Selbstständige aus dem hessischen Taunusstein auf kompliziertem technischem Terrain. Klos stellt Software her, mit der die Behörden Täter jagen können, die kinderpornografische Internetseiten verbreiten und dabei äußerst raffiniert vorgehen. Die Kriminalität im Internet breitet sich seit Jahren aus. Ob es um Ganoven geht, die Online-Konten leerräumen wollen, um Wirtschaftsspionage oder Kinderpornografie – die Hochschule Albstadt-Sigmaringen liefert in ihrem 2010 gegründeten und vom Land geförderten Masterstudiengang die Methoden zur Bekämpfung an.

Daher verwundert es auch nicht, dass die pro Studienjahr etwa 30 Studenten etwa zur Hälfte aus Mitarbeitern deutscher Behörden stammen. Es handelt sich dabei beispielsweise um Polizisten, aber auch um Steuerfahnder oder Zollbeamte, die sich beruflich mit Internet-Kriminalität auseinandersetzen, sagt Programmleiter Steve Kovac. Die andere Hälfte der Studenten sind vor allem Unternehmensmitarbeiter, die für Firmen die IT-Sicherheit auf Vordermann bringen.

Staatlichen Stellen fehlt juristisches Wissen über Trojaner

Die Studenten der Digitalen Forensik lernen in dem 15.000 Euro teuren Studiengang auch, wie sogenannte Trojaner-Programme funktionieren. Es bleibt aber bei der Theorie, versichert Wolfram Klos. Er selbst wende solche Programme schon aus gesetzlichen Gründen nicht an.

In der Tat unterliegt die Anwendung der Trojaner – also Programme, die beispielsweise gezielt auf fremde Computer eingeschleust werden, um etwa Daten auszuschnüffeln – strenger Gesetze, die auch von den Ermittlungsbehörden berücksichtigt werden müssen, wie Dozent Felix Freiling betont.

Dennoch bestehe die Gefahr, wie die jüngst heftig diskutierte Affäre um die Staatstrojaner zeige, dass die Behörden allzu unbedarft solche Programme einsetzten, sagt der Informatik-Professor. Daher müssten beispielsweise auch Programmierer, die für staatliche Stellen arbeiten, juristisch besser geschult werden. In gewisser Hinsicht muss man die Behörden vor sich selbst schützen. Sonst wird die Ausnahme womöglich zur Regel, warnt Freiling.

Gerfahr im Internet wird von Unternehmen noch unterschätzt

Mit welchen neuen Technologien Hacker arbeiten, ist laut Programmleiter Steve Kovac immer noch ein relativ wenig verbreitetes Wissen. Vor allem mittelständische und kleine Unternehmern ignorierten noch die Gefahren im Internet.

Informatiker Freiling, der auch schon vom Bundesverfassungsgericht als Gutachter etwa bei der Vorratsdatenspeicherung eingesetzt war, spricht von einem erheblichen Fachkräftemangel in seinem Metier.

In vielen wichtigen Tätigkeitsfeldern sind die Mitarbeiter noch nicht ausreichend ausgebildet, geschweige denn können sie Computerdaten so wiederherstellen, dass klar wird, was vorher auf dem Rechner gespeichert war, sagt Freiling und nennt als Beispiel die Spurensuche von Ermittlungs- und Justizbehörden. Gerade Juristen müssten über technisches Wissen verfügen, etwa um Beweise tatsächlich würdigen zu können, sagt er.