Stuttgart (dpa) – Der zweijährige Arno lässt juchzend Bälle unter dem Kinderwagen hindurch rollen, in dem gerade ein anderes Kind schläft. In der neuen Kinderkrippe «Kleinstein» der Universität Hohenheim sollen Arno und seine Freunde bald nicht nur mit den Plastikbällen spielen.
Sie sollen auch verstehen lernen, warum die Kugeln rollen, während sich die Holzsteine aus der Kiste nebenan besser zum Turmbau eignen. Denn die Hohenheimer Krippe soll ein «Haus der kleinen Forscher» werden, in dem Kleinkinder im Alter von bis zu drei Jahren eine wissenschaftliche Frühförderung erhalten.
«Uns ist es besonders wichtig, dass wir unseren wissenschaftlichen Mitarbeitern nicht nur Kinderbetreuung, sondern auch Kinderbildung anbieten können», erläuterte die Gleichstellungsbeauftagte der Universität, Christiane Bode. Durch kindgerechte Experimente sollen die kleinsten Besucher der Hochschule daher einen Einblick in die Naturwissenschaft und Technik erhalten.
Jeweils zwölf Kinder von Wissenschaftlern der Universität kommen zukünftig in den Genuss des neuen Bildungsangebots. Sie werden von drei Erzieherinnen betreut, die speziell für die wissenschaftliche Frühförderung geschult werden. Experimente mit Schnee, Papierschiffen und Sand befinden sich bereits in Planung. «Uns ist es dabei ganz wichtig, dass kein Leistungsdruck entsteht. Die Kinder sollen ohne Zwang und Druck lernen», betonte die Leiterin der Kinderkrippe, Marisa Scharla.
Die Mittel für die neue Kinderkrippe werden vom Forschungsministerium, der Stadt Stuttgart und der Universität Hohenheim zur Verfügung gestellt. Die Eltern bezahlen außerdem einen Eigenanteil von rund 200 Euro im Monat. «Das ist vergleichsweise günstig», lobte eine junge Mutter bei der Eröffnungsfeier. Doch einen Haken hat das Finanzierungsmodell: die Universität darf die Plätze nur an Kinder ihrer wissenschaftlichen Angestellten vergeben. «Dabei ist der Bedarf bei den Studenten noch viel größer», sagte Bode.
Obwohl die Universität Hohenheim vor knapp drei Jahren als familiengerechte Hochschule zertifiziert wurde und mit 85 Betreuungsplätzen für Kinder bis zum Alter von sechs Jahren als vorbildlich gilt, stehen mehr als 100 weitere Kinder von Studenten und Mitarbeitern der Universität auf den Wartelisten für die Betreuungsangebote. Geöffnet ist die Krippe täglich von 7.45 Uhr bis 16.00 Uhr.
Die hohe Nachfrage zeige eindeutig, «dass Kinderbetreuung für die Universitäten zunehmen auch von strategischer Bedeutung ist», erklärte der Hohenheimer Rektor Hans-Peter Liebig. Vor allem junge Wissenschaftlerinnen sollen auf diese Weise gefördert und zu einer Karriere an der Universität ermutigt werden. Bei Arnos Mutter könnte das klappen. Die Kinderkrippe ermöglicht es der Mutter von drei Kindern, weiterhin am Lehrstuhl für Agrarökonomie zu arbeiten. «Vielleicht klappt meine Promotion auf diese Weise doch irgendwann noch», lobte die 31-Jährige das neue Angebot ihres Arbeitgebers.