Städte klagen auf Ausgleich wegen erhöhter Standards in Kitas

Die erhöhten Betreuungsstandards in Kindertagesstätten haben am Mittwoch den hessischen Staatsgerichtshof beschäftigt.

39 hessische Städte hatten im August 2010 Klage auf finanziellen Ausgleich durch das Land eingereicht und berufen sich dabei auf das Konnexitätsprinzip der Landesverfassung. Wir rufen Sie an, weil Sie die einzige Instanz sind, die uns zu unserem Recht verhelfen kann, sagte der Geschäftsführende Direktor des Hessischen Städtetags, Jürgen Dieter, am Mittwoch in Wiesbaden. Der Vertreter des Landes Hessen wies das Ansinnen zurück: Den einzelnen Städten stehe keine Grundrechtsklage zu.

Das Land Hessen hatte im September 2009 die Betreuungsschlüssel in den Kindertagesstätten verpflichtend neu geregelt. Nach Angaben des Hessischen Städtetags müssen nun die Gruppengrößen bei Kindern zwischen zwei und drei Jahren von 15 Kindern auf 10 gesenkt werden, die Größe der Hortgruppen von 25 auf 20 Kinder. Auch bei den Kindergartenkindern zwischen drei und sechs Jahren müssen statt 1,5 Fachkräften pro Gruppe nun 1,75 Fachkräfte pro Gruppe eingesetzt werden, bei Krippenkindern sogar zwei volle Fachkräfte.

257,6 Millionen Euro Mehrkosten

Das habe landesweit zu 570 neuen Gruppen für Kinder zwischen zwei und drei Jahren und zu 304 neuen Gruppen für Hortkinder geführt, rechnete Städtetags-Finanzexperte Ben Michael Risch dem Gericht vor. Insgesamt seien dadurch landesweit 1.600 neue Stellen geschaffen worden. Den Kommunen seien somit 257,6 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr entstanden, für die das Land den Kommunen aber nicht mehr Geld zugewiesen habe.

Damit verstoße das Land aber gegen das vor zehn Jahren in der Landesverfassung verankerte Konnexitätsprinzip, nach dem der Staat bei der Verlagerung von Aufgaben auf die Kommunen auch dafür zahlen muss, betonte Dieter. Die Kommunen hätten ja keine Wahl, sie müssten die Standards befolgen, damit sei aber eindeutig ein Fall gegeben, der einen Kostenausgleich des Landes nach sich ziehen müsse.

Dieter betonte dabei auch, dass sich das Land mit der Konnexitätsregel ja eigens selbst Schranken habe auferlegen wollen, die Kommunen eben nicht ständig mit neuen Aufgaben ohne Ausgleich zu belasten. Wenn der Ausgleich aus den allgemeinen Finanzzuweisungen des Landes an die Kommunen erfolgen solle, hätte es einer solchen Regelung ja gar nicht bedurft, betonte Dieter.

Der Vertreter des Landes, Herbert Günther, vertrat hingegen die Ansicht: ob die Änderung eines Standards zugleich auch eine Änderung der Aufgabe bedeute, sei unklar. Die Kommunen würden ja keineswegs zu einer neuen staatlichen Aufgabe verpflichtet, also bestehe auch kein Recht auf Ausgleich. Überhaupt räume die hessische Verfassung den Gemeinden nicht die Möglichkeit ein, sich gegenüber dem Staat auf das Konnexitätsprinzip zu berufen, betonte er.

Keine Einigung über Kostenausgleich

Das Gericht wollte vom Vertreter des Landes aber wissen, ob und in welcher Form denn ein finanzieller Ausgleich überhaupt geschaffen worden sei. Günther berief sich daraufhin auf die Konnexitätskommission, die eigens dazu eingerichtet worden sei, um Ausgleichszahlungen zu regeln. Die Kommission diskutiere allerdings noch und könne sich bislang nicht einigen, räumte Günther am Rande der Sitzung ein.

Landesanwältin Monika Böhm erklärte angesichts dieser Differenzen, die Grundrechtsklage der Städte sei sehr wohl zulässig, allerdings sei sie nicht gut begründet. Wünschenswert wäre, dass das Gericht ein Grundsatzurteil in Sachen Konnexitätsregel fälle und damit klar stelle, ob die Regel auch greife, wenn eine Aufgabe neu verteilt oder geändert werde. Der Staatsgerichtshof will sein Urteil am 6. Juni um 11.00 Uhr verkünden.